Der Erbvertrag ist ein zentrales Instrument des deutschen Erbrechts, das es ermöglicht, den eigenen Nachlass bereits zu Lebzeiten rechtsverbindlich zu regeln. Im Gegensatz zum Testament handelt es sich beim Erbvertrag um eine vertragliche Bindung, die mit Zustimmung aller Beteiligten abgeschlossen wird und rechtlich höhere Verbindlichkeit besitzt. Im folgenden Beitrag erfahren Sie, wann ein Erbvertrag sinnvoll ist, wie er rechtlich ausgestaltet wird und welche rechtlichen Voraussetzungen zu beachten sind.
1.Was ist ein Erbvertrag?
Ein Erbvertrag ist eine Verfügung von Todes wegen in Vertragsform, geregelt in den §§ 2274 ff. BGB. Anders als ein Testament, das einseitig errichtet und jederzeit widerrufen werden kann, bedarf ein Erbvertrag der Mitwirkung mindestens einer weiteren Person und wird in der Regel verbindlich geschlossen.
Der Erbvertrag kommt typischerweise zwischen dem zukünftigen Erblasser und einer oder mehreren Personen (z. B. Ehegatte, Lebenspartner, Kinder oder sonstige Dritte) zustande. Dabei kann der Vertrag sowohl Erbeinsetzungen (§ 1937 BGB) als auch Vermächtnisse (§§ 2147 ff. BGB) oder Auflagen (§§ 1940, 2192 ff. BGB) enthalten.
2. Rechtliche Grundlage: §§ 2274–2302 BGB
Die gesetzliche Grundlage für den Erbvertrag findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):
§ 2274 BGB: Definition des Erbvertrags als Vertrag über Verfügungen von Todes wegen
§ 2276 BGB: Formvorschriften (notarielle Beurkundung)
§ 2289 BGB: Bindungswirkung und Beschränkungen der Widerruflichkeit
§§ 2290–2292 BGB: Anfechtung, Rücktritt und Widerruf
§ 2301 BGB: Bedingte und befristete Verfügungen
3. Formvorschriften – notarielle Beurkundung zwingend
Ein Erbvertrag ist nur dann wirksam, wenn er notariell beurkundet wird (§ 2276 BGB). Die einfache Schriftform, wie sie bei eigenhändigen Testamenten zulässig ist (§ 2247 BGB), genügt beim Erbvertrag nicht. Dies dient dem Schutz der Vertragsparteien und der Rechtssicherheit der getroffenen Verfügungen.
4. Wer kann einen Erbvertrag schließen?
Gemäß § 2275 BGB ist der Abschluss eines Erbvertrags nur Personen möglich, die testierfähig sind. Dies bedeutet:
Volljährige Personen mit unbeschränkter Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff., 2229 Abs. 1 BGB)
Minderjährige nur mit familiengerichtlicher Genehmigung (§ 2275 Abs. 2 BGB)
Typische Konstellationen für einen Erbvertrag bestehen zwischen:
Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern
Erblasser und Pflegeperson
Erblasser und Unternehmensnachfolger
5. Vorteile des Erbvertrags gegenüber dem Testament
Der Erbvertrag bietet mehrere Vorteile, insbesondere:
Rechtssicherheit und Bindung
Vertraglich zugesagte Erbeinsetzungen können nicht einseitig widerrufen werden (§ 2289 BGB).Verlässliche Planung
Besonders bei Unternehmensnachfolgen oder komplexen Familienkonstellationen schafft der Erbvertrag Planungssicherheit.Ausschluss künftiger Testamente
Ein bindender Erbvertrag schließt spätere widersprechende Testamente aus (§ 2289 Abs. 1 BGB).
6. Nachteile und Risiken
Ein Nachteil des Erbvertrags besteht in seiner eingeschränkten Änderbarkeit. Einmal getroffene bindende Verfügungen können nur mit Zustimmung des Vertragspartners geändert oder aufgehoben werden (§§ 2290 ff. BGB). Das kann problematisch sein, wenn sich Lebensumstände gravierend ändern.
Zudem können im Erbvertrag eingesetzte Erben den Erblasser unter Druck setzen – insbesondere, wenn finanzielle Abhängigkeiten bestehen. Auch die gesetzliche Pflichtteilsberechtigung Dritter bleibt durch den Erbvertrag nicht ausgeschlossen (§ 2303 BGB).
7. Inhalt und Gestaltungsmöglichkeiten
Ein Erbvertrag kann unter anderem folgende Regelungen enthalten:
Einsetzung eines oder mehrerer Erben (§ 1937 BGB)
Zuwendung eines Vermächtnisses (§ 2147 BGB)
Anordnung von Auflagen (§ 2192 BGB)
Pflichtteilsverzichte (§§ 2346 ff. BGB)
Verfügungen unter Bedingungen oder Befristungen (§ 2301 BGB)
Eine sorgfältige vertragliche Gestaltung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt oder Notar ist unerlässlich, um Gestaltungsfehler und spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
8. Erbvertrag und Pflichtteil – kein Ausschluss ohne Verzicht
Der Erbvertrag ändert nichts an den Pflichtteilsrechten pflichtteilsberechtigter Personen (z. B. Kinder, Ehegatten). Diese können auch dann ihren Pflichtteil verlangen, wenn sie im Erbvertrag nicht bedacht wurden. Ein Ausschluss ist nur durch einen notariellen Pflichtteilsverzicht nach § 2346 BGB möglich – ebenfalls in Vertragsform und mit notarieller Beurkundung.
9. Rücktritt und Anfechtung
Ein Rücktritt vom Erbvertrag ist nur unter engen Voraussetzungen möglich (§§ 2290–2293 BGB), etwa:
Wenn ein Rücktrittsrecht ausdrücklich vorbehalten wurde
Bei grobem Undank des Vertragspartners (§ 2294 BGB)
Oder bei Anfechtung wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung (§ 2078, § 2281 BGB)
10. Fazit: Wann ist ein Erbvertrag sinnvoll?
Ein Erbvertrag ist dann sinnvoll, wenn Verbindlichkeit, Planbarkeit und Rechtssicherheit im Vordergrund stehen – etwa bei:
Unternehmensnachfolgen
Betreuung durch nicht verwandte Personen (z. B. Pflegeverträge)
Komplexen Familienverhältnissen (Patchwork, unverheiratete Partner)
Pflichtteilsverzichten und wechselseitiger Absicherung
Allerdings sollte der Erbvertrag nicht leichtfertig geschlossen werden, da er spätere Änderungen erheblich erschwert. Eine fundierte rechtliche Beratung ist daher unerlässlich.
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Hinweis: Der Beitrag wurde teilweise mit KI erstellt.