1. Einleitung
Lärmbelästigung zählt zu den häufigsten Konfliktfeldern im Wohnraummietverhältnis. Sowohl Mieter als auch Vermieter sehen sich oftmals mit Fragen konfrontiert: Wann übersteigt Lärm das verträgliche Maß? Welche Rechte kommen dem Mieter zu? Und woraus ergeben sich Pflichten für den Vermieter? In diesem Beitrag werden praxisrelevante Fragestellungen im Zusammenhang mit Lärmbelästigung im Mietrecht beantwortet.
2. Was ist Lärmbelästigung im Mietrecht?
Eine Lärmbelästigung liegt vor, wenn übliche Geräuschbelastungen aufgrund ihrer Intensität, Dauer oder Häufigkeit über das ortsübliche Maß hinausgehen und den wohnungstypischen Gebrauch beeinträchtigen. Der Vermieter schuldet gem. § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB einen vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache. Hierunter fällt insbesondere die Möglichkeit zur ungestörten Wohnnutzung. Geräuschpegel, die das Wohnen beeinträchtigen, insbesondere nachts oder an Feiertagen, verletzen diese Pflicht.
3. Gesetzliche Grundlagen
Relevant sind insbesondere folgende gesetzliche Regelungen:
§ 535 BGB – Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrages: Der Vermieter hat die Mietsache in einem Zustand zu übergeben und zu erhalten, der ihren vertragsgemäßen Gebrauch ermöglicht.
§ 536 BGB – Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln: Bei schuldhaften Mängeln, einschließlich Dauerschäden wie Schimmel oder Lärm, kann der Mieter die Miete mindern.
§ 536a BGB – Schadens- und Aufwendungsersatz bei Mängeln: Der Mieter kann Ersatz für getätigte Aufwendungen oder Schäden verlangen, wenn der Vermieter den Mangel zu vertreten hat.
§ 541 BGB – Aufwendungsersatz bei berechtigtem Rücktritt: Bei Rücktritt wegen dauerhafter Lärmbelästigung kann der Mieter Aufwendungsersatz verlangen.
§ 554 BGB – Erlaubnis und Duldung baulicher Maßnahmen (Relevanz, falls Lärm durch bauliche Maßnahmen verursacht wird).
§ 903 BGB – Eigentümerbefugnis: Vermieter dürfen bauliche Maßnahmen zur Schallverbesserung durchführen – mit Rücksicht auf das Mietverhältnis.
4. Voraussetzungen für Mietminderung bei Lärmbelästigung
a) Vorliegen eines Mangels
Ein Mangel im Sinne des § 536 BGB liegt vor, wenn die Nutzung der Mietsache objektiv beeinträchtigt ist. Dauer- oder wiederholte nächtliche Lärmbelästigung etwa durch laute Nachbarn, Baustellenlärm oder defekte Außenfenster können einen solchen Mangel begründen. Entscheidend ist, ob die Geräuschbelastung ein „maßstabsgerechtes Wohnvergnügen” beeinträchtigt.
b) Anzeige des Mangels
Damit der Mieter Minderungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen kann, muss der Mangel dem Vermieter unverzüglich angezeigt werden (vgl. § 536c Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Anzeige darf also nicht unterbleiben oder verzögert erfolgen.
c) Bemessung der Minderung
Die Minderungsquote hängt vom Ausmaß der Belästigung ab. Rechtsprechung zeigt: Starker nächtlicher Lärm kann zu Minderungen von 10–50 % führen. Ein konkreter Nachweis durch Lärmprotokolle, Zeugen oder Sachverständigengutachten ist hilfreich für die Bemessung.
5. Rechte und Pflichten des Vermieters
a) Beseitigungs- und Abhilfepflicht
Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache so zu erhalten, dass kein vertragswidriger Zustand entsteht. Er ist daher verpflichtet, auf angemessene Beschwerden des Mieters zu reagieren und Maßnahmen wie Schallschutzfenster oder Lärmschutzvorrichtungen zu ergreifen.
b) Dulden von Maßnahmen
Ist der Lärm auf bauliche Defizite zurückzuführen, kann der Vermieter gem. § 555a BGB (bis 2020 § 554 BGB) entsprechende Baumaßnahmen in der Mietsache durchführen. Der Mieter muss diese dulden, sofern sie in angemessener Weise und zur Sanierung der Lärmschutzdefizite erfolgen.
c) Streit über Zeiträume
Der Vermieter kann sich in der Regel nicht auf Kenntnis des Mangels vor Vertragsschluss berufen (§ 536b BGB), es sei denn, der Mieter hat den Mangel verschwiegen oder bekannten Lärm toleriert. Zudem entfällt die Minderungsbefugnis nicht durch Zahlungsverhalten.
6. Praktische Handlungsanweisungen bei Lärmbelästigung
a) Lärm feststellen und dokumentieren
→ Lärmprotokolle, Uhrzeit, Intensität, Dauer, Zeugen benennen.
→ Elektronische Aufnahmen können als Beweismittel dienen.
b) Mangelanzeige an den Vermieter
→ Schriftlich und zeitnah nach Feststellung.
→ Frist zur Mangelbeseitigung setzen, z. B. zwei Wochen.
→ Androhung von Mietminderung und Rechtsfolgen bei Unterbleiben der Abhilfe.
c) Mietminderung berechnen
→ Abhängig von der Intensität: 10 % bei sporadischem Verkehrslärm, bis 50 % bei dauerhaftem Nachtlärm.
→ Hinweise und Urteile im Internet (z. B. Mietminderungsdatenbank 2024).
d) Klage und Gerichtsbeschluss im Zweifel
→ Bei fehlender Abhilfe Klage einreichen – Mietminderung durch Gericht feststellen lassen.
→ Rechtsschutzversicherungen sind bei Mietrecht oft hilfreich.
7. Beispiele aus der Judikatur
In einem Urteil vom BGH VIII ZR 123/15 wurde bei regelmäßigem nächtlichen Betrieb eines Gewerbebetriebs eine Minderungsquote von 30 % bestätigt.
Das OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.03.2018 (Az. 7 W 80/18) sprach dem Mieter Schadenersatz zu, weil der Vermieter längere Lärmbelästigung trotz Anzeige nicht abgestellt hatte.
8. Fazit und Zusammenfassung
Lärmbelästigung im Mietrecht begründet ein Minderungsrecht (§ 536 BGB) und – unter Anzeigepflicht – gegebenenfalls Schadenersatz (§ 536a BGB). Der Mieter muss die Geräuschstörung konkret darlegen, dokumentieren und dem Vermieter anzeigen. Letzterer ist zur Untersuchung und zur Abhilfe verpflichtet. Ziel ist eine vertragsgemäße Nutzungsmöglichkeit der Wohnung im Sinne von § 535 BGB.
9. Ihre Schritte bei Lärm in der Wohnung:
Dokumentieren → Anzeige bei Vermieter erstatten → Abhilfe fordern → ggf. Minderungsbetrag ansetzen → gerichtliche Feststellung oder Schadensersatz klären.
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Hinweis: Der Beitrag wurde teilweise mit KI erstellt.