Die Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Mietrechts und zugleich häufig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis kündigen, wenn er die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Die Eigenbedarfskündigung unterliegt jedoch strengen formellen und materiellen Voraussetzungen, deren Missachtung zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.

1. Gesetzliche Grundlage: § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB

Gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches berechtigtes Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Vermieter „die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt“ (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Diese Norm bildet die zentrale rechtliche Grundlage für Eigenbedarfskündigungen und wird durch umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung konkretisiert.

2. Persönlicher Bedarfskreis

Ein zentrales Tatbestandsmerkmal der Norm ist der Personenkreis, für den der Bedarf geltend gemacht wird. Neben dem Vermieter selbst können dies auch Angehörige seines Haushalts oder seiner Familie sein. Die Rechtsprechung versteht unter „Familienangehörigen“ nicht nur Ehegatten und Kinder, sondern auch Geschwister, Eltern, Schwiegereltern und Enkel (vgl. BGH, Urt. v. 27.01.2010 – VIII ZR 159/09). Auch Nichten und Neffen oder Cousins können im Einzelfall einbezogen sein, wenn ein besonders enger persönlicher Kontakt besteht.

„Angehörige des Haushalts“ sind solche Personen, die dauerhaft mit dem Vermieter in einer Haushaltsgemeinschaft leben, wie z. B. Lebenspartner oder Pflegepersonen (BGH, Urt. v. 17.03.2010 – VIII ZR 70/09).

3. Ernsthafter und konkreter Nutzungswunsch

Die Geltendmachung von Eigenbedarf setzt voraus, dass der Vermieter einen konkreten und ernsthaften Nutzungswunsch hat. Es genügt nicht, dass der Bedarf nur vorgeschoben oder hypothetisch ist (BGH, Urt. v. 23.05.2007 – VIII ZR 122/06). Der Nutzungswunsch muss auf vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen beruhen. Die Gerichte prüfen, ob der geltend gemachte Bedarf glaubhaft und nachvollziehbar erscheint.

Der Vermieter muss darlegen, warum er oder die betreffende Person die Wohnung benötigt, etwa aufgrund veränderter Lebensumstände, beruflicher Versetzung oder einer gewünschten Verkleinerung/Vergrößerung der Wohnverhältnisse.

4. Formelle Anforderungen der Kündigung

Die Eigenbedarfskündigung bedarf der schriftlichen Form, § 568 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus muss sie den Kündigungsgrund konkret benennen, § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB. Allgemeine oder pauschale Angaben reichen nicht aus; es muss klar und verständlich dargelegt werden, für wen der Eigenbedarf besteht und aus welchen Gründen.

Unzureichende oder unklare Begründungen führen zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Kündigung darf auch nicht nachgeschoben oder nachträglich ergänzt werden. Eine Heilung durch Nachreichung von Gründen ist grundsätzlich ausgeschlossen.

5. Widerspruchsrecht des Mieters: Sozialklausel (§ 574 BGB)

Selbst wenn die Eigenbedarfskündigung formell und materiell wirksam ist, kann der Mieter ihr gemäß § 574 BGB widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine besondere Härte bedeuten würde. Dies kann etwa bei hohem Alter, Krankheit oder fehlender Ersatzwohnung der Fall sein.

Der Widerspruch muss dem Vermieter spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses schriftlich mitgeteilt werden (§ 574b Abs. 1 Satz 1 BGB). Die besondere Härte ist substantiiert darzulegen.

6. Missbrauchstatbestände und Umgehung

Die Gerichte prüfen bei Eigenbedarfskündigungen auch mögliche Umgehungstatbestände. Ein häufiger Streitpunkt ist etwa die Kündigung zum Zwecke der späteren Vermietung zu höheren Preisen unter dem Vorwand von Eigenbedarf. In solchen Fällen liegt ein Rechtsmissbrauch vor (§ 242 BGB).

Besondere Vorsicht gilt auch bei kurzfristig weitervermieteten Wohnungen nach erfolgter Eigenbedarfskündigung. Die Rechtsprechung nimmt hier eine Beweislastumkehr zu Lasten des Vermieters an, wenn ein baldiger Wiedereinzug nicht erfolgt (BGH, Urt. v. 29.03.2017 – VIII ZR 44/16).

7. Besonderheiten bei neu aufgeteilten Eigentumswohnungen (§ 577a BGB)

Erwirbt ein Vermieter eine vermietete, erstmalig aufgeteilte Eigentumswohnung und möchte wegen Eigenbedarfs kündigen, ist eine Kündigung gemäß § 577a Abs. 1 BGB erst nach Ablauf der Kündigungssperrfrist von bis zu zehn Jahren möglich – je nach Bundesland und Landesgesetzgebung. Diese Vorschrift dient dem Schutz des Mieters bei Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen.

8. Fazit und Handlungsempfehlung

Die Eigenbedarfskündigung ist ein wirksames, aber rechtlich eng begrenztes Mittel zur Beendigung eines Mietverhältnisses. Vermieter sind gut beraten, die formellen und materiellen Anforderungen genau zu prüfen und im Zweifel rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Für Mieter besteht insbesondere über die Sozialklausel des § 574 BGB ein effektiver Schutz gegen unbillige Härten.

 

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Hinweis: Der Beitrag wurde teilweise mit KI erstellt.