Die Durchsuchung zählt im Strafprozess zu den gravierendsten Eingriffen in persönliche Rechtsgüter. Sie berührt etwa das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (§ 13 GG) oder auf Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme (§ 10 GG). Für Strafverteidiger ist die rechtliche Prüfung und gezielte Verteidigungsstrategie bei Durchsuchungen zentral – sowohl bei klassischen Wohnungsdurchsuchungen nach §§ 102 ff. StPO als auch bei Online‑Durchsuchungen (§ 100b StPO).
1. Definition und rechtliche Grundlage
Gemäß § 102 StPO kann bei einem Beschuldigten zur Ergreifung oder zum Auffinden von Beweismitteln seine Wohnung, Geschäftsräume, seine Person sowie seine Sachen durchsucht werden, sofern ein konkretisierter Anfangsverdacht besteht und die Durchsuchung voraussichtlich zum Auffinden relevanter Beweismittel führt.
Die Durchsuchung bei Dritten wird durch § 103 StPO geregelt. Hierbei gelten zum Schutz des Dritten jedoch wesentlich höhere Hürden.
2. Formelle Voraussetzungen
Ein rechtswirksamer Durchsuchungsbeschluss muss den Richtervorbehalt wahren (§ 105 Abs. 1 StPO). Nur bei Gefahr im Verzug kann dies die Staatsanwaltschaft selbst anordnen.
Darüber hinaus muss der Beschluss die Straftat, den konkreten Tatvorwurf, den Zweck und das Ausmaß der Durchsuchung genau benennen. Fehlen diese Angaben oder sind sie unzureichend, führt dies zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses und unter Umständen zu einem Beweisverwertungsverbot (§ 306 StPO)
3. Materielle Anforderungen – Verhältnismäßigkeit und begrenzter Umfang
Der Eingriff muss verhältnismäßig sein. Das bedeutet: Eingriffszweck, Schwere der Tat und Verdachtsgrad müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Je geringer der Verdachtsgrad, desto höher die Rechtfertigungspflicht für das konkrete Vorgehen.
Die Durchsuchung darf nur den ausdrücklich bezeichneten Objekten und Räumen gelten. Weitet sich die Maßnahme unzulässig aus, kann dies ebenfalls zur Unverwertbarkeit der Ergebnisse führen.
4. Besonderheiten bei nächtlichen Durchsuchungen
Nach § 104 StPO sind Durchsuchungen in der Nachtzeit (21:00–06:00 Uhr) nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Dies ist nur bei Gefahr im Verzug oder Verfolgung auf frischer Tat gegeben. Fehlt dieser Ausnahmegrund, ist die Maßnahme unzulässig.
5. Rechte des Betroffenen
Beschuldigte haben das Recht, bei Durchsuchung anwesend zu sein und eine Vertrauensperson als Zeuge hinzuzuziehen (§ 105 Abs. 2 StPO). Außerdem muss ein vollständiges Durchsuchungsprotokoll erstellt und dem Betroffenen zugänglich gemacht werden.
6. Taktische Verteidigungsmöglichkeiten
a) Formelle Mängel
Fehlende oder ungenaue Angaben zur Straftat, Beweismitteln oder Durchsuchungsumfangs
Fehlen des richterlichen Beschlusses oder unzulässige Anordnung durch Staatsanwaltschaft ohne Gefahr im Verzug
Unzulässiger Zeitpunkt (z. B. Nacht ohne Ausnahme)
b) Materielle Mängel
Unverhältnismäßiger Eingriff im Verhältnis zur Schwere des Verdachts
Überschreitung des genehmigten Orts- oder Gegenstandsrahmens
c) Verwertungsprüfung
Bei Rechtswidrigkeit kann Verwertung des Materials ausgeschlossen sein. Insbesondere bei gravierenden Grundrechtseingriffen, sofern keine Heilungsmöglichkeiten gegeben sind.
7. Online‑Durchsuchung (§ 100b StPO)
Die Online‑Durchsuchung erlaubt mittlerweile den heimlichen Eingriff in IT-Systeme (PC, Smartphone, smarte Geräte) zur Datenerhebung, selbst ohne Wissen des Betroffenen. Diese ist nur bei besonders schweren Straftaten zulässig, etwa Terror, Kinderpornografie oder Waffendelikten.
Die Anordnung bedarf eines richterlichen Beschlusses (kein Staatsanwaltsvorbehalt). Dauerbegrenzung beträgt max. sechs Monate mit Verlängerungsmöglichkeit durch das Oberlandesgericht.
8. Verteidigungsschwerpunkte bei Online‑Durchsuchung
Prüfung, ob die Straftat im legalen Katalog verankert ist
Konkretheit des Verdachts und Alternative Möglichkeiten zur Aufklärung
Prüfung, ob der Zugriff auf relevante (aber geschützte) Daten wie Intimsphäre oder Zeugnisverweigerung ergingen
Anfechtung der Verwertung erhobener Daten bei Rechtsverstößen
10. Fazit & Aufruf
Die Durchsuchung ist ein vielschichtiger und einschneidender Eingriff in fundamentale Rechte der Betroffenen. Zugleich enthält das Durchsuchungsrecht zahlreiche formelle und materielle Anknüpfungspunkte für eine fundierte Verteidigung.
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Hinweis: Der Beitrag wurde teilweise mit KI erstellt.